Getreideviertel-Oldenburg

Die Entwicklung eines Stadtteils

Bauphase

Das Getreideviertel wurde in mehreren Abschnitten bebaut. Die Häuser in Norderdiek, Roggenweg und Buchweizenweg wurden 1961/1962 gebaut und bezugsfertig. In diesem ersten Bauabschnitt wurden alle Häuser gemeinsam errichtet. Anschließend wurden die Häuser in einem Losverfahren unter den Erbauern verteilt. In den Folgejahren wurde auch der nördliche Teil der Siedlung erbaut.

Eine topografische Karte der Stadt Oldenburg aus dem Jahr 1964 (Stadt Oldenburg, 1964) zeigt Bebauung in Norderdiek, Rapsweg, Roggenweg und Buchweizenweg. Der Koopmannweg ist auf der rechten, östlichen Seite bis auf Höhe Buchweizenweg bebaut. Es sind überwiegend Doppelhäuser dargestellt. Der nördliche Teil der Siedlung ist noch gänzlich unbebaut. Die Straßen sind angelegt, der Verlauf der Grundstücksgrenzen ist bereits eingezeichnet.

Die Familien (i. d. R. die Männer) mussten 1.000 Stunden Hand anlegen am Hausbau um in den Genuss von günstigen Finanzierungskonditionen zu kommen. Umgerechnet entspricht das 125 Arbeitstagen à 8 Stunden. Diese Stunden wurden entweder im Urlaub oder neben der „normalen“ Arbeit abgeleistet. Durch diese Muskelhypothek konnte der Anteil an Eigenkapital für den Hausbau erhöht werden. Die geleisteten Stunden wurden nach Aussage des Sohnes eines Häuslebauers penibel in einem Büchlein festgehalten.


Hausentwässerung

Abbildung 6: Plan zur Hausentwässerung über Kammersystem und Verrieselung

Allen Haustypen gemeinsam ist die Hausentwässerung über Klärgrube und Verrieselung. Küche, Bad und WC liegen bei den Einzelhäusern nebeneinander auf der Gartenseite der Häuser. Auf Plänen aus den Jahren 1959 und 1961 befindet sich eine Grube vor der Küche mit der Bezeichnung Küchenabwässer. Vor dem WC liegt eine weitere Grube mit der Bezeichnung Grube für Trockenabort. Ein Jahr später (1962) ist eine Kleinkläranlage (Dreikammersystem) eingezeichnet. In einer späteren Version der Pläne ist mit Datumstempel 30. August 1976 von Hand der Anschluss an die öffentliche Kanalisation (PVC-Rohr und Revisionsschacht) eingezeichnet (teilweise zu erkennen am linken Rand in Abb. 4). Laut Entwicklungsplan Ofenerdiek (Der Oberstadtdirektor, 1975) war der Bau der Kanalisation im Bereich für 1975 geplant. Die Abwässer aus Küche, Bad und WC wurden in die Grube geleitet. Diese bestand auf der dem Haus zugewandten Seite aus einer großen Kammer, dahinter lagen nebeneinander zwei halb so große Kammern. Zuerst kam das Abwasser in die große Kammer. Dort konnten sich die festeren Bestandteile absetzen (Absetzbecken). Dieser Fäkalschlamm musste von Zeit zu Zeit entfernt/abgefahren werden, sofern er sich nicht von selbst auflöste. Dann durchlief das Abwasser die beiden anderen Kammern, wo sich weitere Bestandteile absetzen konnten, und im Abwasser enthaltene organische Schmutzstoffe durch Faulprozesse abgebaut wurden. Das so vorgereinigte Abwasser gelangte anschließend in einen Verteilerschacht und wurde über Verrieselungsgräben auf dem Grundstück verteilt.

Abbildung 6: Plan zur Hausentwässerung über Kammersystem und Verrieselung

Anmerkung: Auch hier wurde 1961 der Name Gerstenweg benutzt. Die folgende Abbildung zeigt die komplette Entwässerungsanlage mit den Abflüssen aus dem Haus, der Grube, dem Verteilerschacht und etwa 60 m Verrieselungsgräben mit einem Gefälle von 1:500. Dafür war ein ausreichend großes Grundstück Voraussetzung, für eine 4-5-köpfige Familie etwa 1.000 qm.








Abbildung 7: Gesamtübersicht über die Hausentwässerung







Bau der Doppelhäuser

Die Planung der Häuser stammt von der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft Oldenburg i. O. bmH. Auf Anfrage waren von der GSG keine Informationen über die Siedlung zu erhalten. Vor Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind alle diesbezüglichen Unterlagen aus Datenschutzgründen vernichtet worden.

Keller:

In der folgenden Abbildung ist fett schwarz umrandet der Grundriss des Kellers zu sehen. Links davon sieht man das Wohnzimmer mit der Balkenkonstruktion für den Boden. Über dem Keller befinden sich die Küche und der Flur mit den Treppen nach oben und unten. Rechts vom Keller der Gebäudeteil mit Flur und Bad. Der Erdaushub für den Keller und die Grundmauern war eine Arbeit, die in der Regel von den Bauleuten selbst ausgeführt wurde. Die Sohlhöhe lag 1,70 m unter Geländehöhe. Zu Beginn der Bauphase standen nur wenige Hilfsmittel in Form von Maschinen zur Verfügung. So wurden die Baugruben der ersten Häuser mit Schaufeln von Hand ausgehoben. Später standen zum Herausbefördern der Erde Fließbänder zur Verfügung. Die Mauern des Kellers wurden auf einem Streifenfundament errichtet.

Abbildung 8: Bauplan Keller von einer Doppelhaushälfte

Die Decke des Kellers wurde aus etwa 12 cm dickem Beton – mit Baustahlgewebe-Lagermatten bewehrt – gegossen. Darauf kamen 4 cm schwimmender Estrich. Der Keller besteht aus 2 kleinen Räumen (7 qm bzw. 9 qm) und befindet sich mittig unter dem Haus. Vorne und hinten befindet sich jeweils ein Lichtschacht zur Belüftung. Diese Schächte sind eine Schwachstelle, da sie oft nicht genügend nach außen abgedichtet sind oder einfach Risse haben. So kann sich bei Regen oder bereits bei hohem Grundwasserstand im Schacht Wasser sammeln und in den Keller fließen. Auf Kellerniveau wurde auch die Grube für das Abwasser angelegt. Rechts und links vom Keller wurde ein Baugrund aus gestampftem Sandboden etwa in 2/3 Höhe des Kellers angelegt. Auf einem Streifenfundament wurden die Außenmauern errichtet. Dabei wurde die Wand zwischen den beiden Doppelhäusern mittig auf der Grundstücksgrenze als gemeinsame Wand angelegt. Hier befindet sich auf beiden Seiten das Wohnzimmer. Da der Aufbau des Bodens im Wohnzimmer für die damalige Zeit typisch ist, in heutiger Zeit aber oftmals eine Schwachstelle des Hauses darstellt, gehe ich im Folgenden näher auf den Bodenaufbau ein. In die gemeinsame Mauer sind auf beiden Seiten jeweils 9 Mauer“vorsprünge“ gemauert, auf denen die Balken aufliegen, die den Wohnzimmerboden tragen (s. Abb. 9). Hier auf dem Bild mit dem linken Pfeil markiert. An der rechten Bildseite ist ein „Mäuerchen“ zu erkennen, das ebenfalls als Balkenauflage dient. In der Mitte wurde der Fußboden in Längsrichtung von einem weiteren Balken unterstützt.

Abbildung 9: Geöffneter Wohnzimmerboden - Übersicht


Das folgende Foto zeigt den Fußbodenaufbau im Wohnzimmer noch einmal im Detail. Links ist ein erneuerter Tragbalken zu erkennen, der auf dem Mauervorsprung aufliegt. Darauf sind Bohlen mit Nut und Feder (Rauhspund) befestigt. Der Fußboden besteht aus einer Lage Rauhspund (im Foto sind 4 ausgesägte Bohlen übereinander gestapelt). Die Tragbalken faulen bei schlechter Belüftung, weshalb sie von Zeit zu Zeit ersetzt werden müssen, damit der Boden nicht einbricht. Einige Hausbesitzer haben inzwischen einen Betonboden gießen lassen, der nach unten gegen Kälte isoliert ist.



Abbildung 10: Aufbau des Bodens mit Tragbalken und Bohlen im Detail



Unter den anderen Gebäudeteilen ist ein fester Boden (Beton?). Die Standardaufteilung im Ergeschoss besteht aus einem kleinen Windfang/Flur mit einer Gästetoilette, einem Flur (mit Treppe zum Keller und ins Dachgeschoss), dem Wohnzimmer, der Küche und dem Bad/Waschküche. Eingänge befinden sich seitlich am Windfang und vorne am Flur. Die Decke im Erdgeschoss besteht einer Ziegel-Einhängedecke mit Aufbeton. Unterhalb sind Heraklith-Platten angebracht. Zum Zimmer hin ist die Decke verputzt.




Abbildung 11: Bauplan Erdgeschoss von einer Doppelhaushälfte


Von außen ist das Erdgeschoss verputzt und angestrichen. Mal wird der seitliche Eingang, mal der vordere Eingang zum Haupteingang. Das Wohnzimmer hat über eine zweiflügelige Terrassentür Zugang zum Garten oder zum Vorgarten, je nach Ausrichtung des Hauses. Ursprünglich gibt es in der Küche und im Badezimmer jeweils 2 schmale Fenster, die die Außenansicht prägen. Eine Holztreppe führt ins Dachgeschoss, das aus Flur, Elternschlafzimmer und 2 Kinderzimmern (laut Bauplan für 2-3 Kinder) besteht. Am Elternschlafzimmer befindet sich in der Dachschräge noch ein schmaler Abstellraum.



Abbildung 12: Bauplan Dachgeschoss von einer Doppelhaushälfte

Das Elternschlafzimmer und das Kinderzimmer auf der gleichen Seite haben normale Deckenhöhe. Die Zimmer auf der anderen Hausseite haben eine Dachschräge, da das Dach bei den Doppelhäusern typischerweise an einer Seite tiefer gezogen ist. Die Decke im Dachgeschoss ist eine Holzbalkendecke, darunter Stabilrohrmatten mit Putz. Zwischen den Sparren zum Dachboden hin lagen lt. Bauplan 8 cm Mineralwolle (1.500-2.000 g/qm Mineralwolle) als Isolierung. Von außen ist das Dachgeschoss verklinkert, was den Häusern im Originalzustand das zweifarbige Aussehen gibt. Die Häuser haben einen über eine ausziehbare Bodentreppe begehbaren Spitzboden, der zu Lagerzwecken genutzt werden kann. Das Dach ist mit Betondachsteinen gedeckt, die auf einer Lattung aufliegen und mit dieser verklammert sind. Beim Bau wurde keine Wärmeisolierung vorgenommen. Die beiden Schornsteine (einer einzügig, einer zweizügig) sind aus Klinker gemauert.


Bau der Einfamilienhäuser

Kleines freistehendes Einzelhaus

Keller: Diese Einzelhäuser sind ebenfalls teilunterkellert mit 2 kleinen Kellerräumen (beide etwa 7 qm). Jeder Raum hat einen Lichtschacht. Die Kellerräume sind bei diesem Haustyp nicht von vorne nach hinten ausgerichtet, sondern quer, also parallel zur Straße.

Abbildung 13: Bauplan Keller von einem Einzelhaus

Den typischen Holzboden wie in den Doppelhäusern gibt es hier nicht. Alle Böden sind aus Beton bzw. Asphalt gegossen. Erdgeschoss: Die typische Aufteilung dieser Häuser besteht aus Wohnraum, Küche, Bad, Elternschlafzimmer und 2 Kinderzimmern für bis zu 4 Kinder. Dazu kommen ein kleiner Vorraum, von dem die Kellertreppe abgeht und ein Flur. Auf den ersten Plänen ist ein Trocken-Abort (Plumpsklo) von 1,3 qm Größe eingezeichnet. Über den Vorraum war das Haus mit einem Stall verbunden (Kleinviehhaltung), daneben befand sich noch ein Unterstellplatz. Die Decke besteht auch hier aus Holzbalken, die unten mit Stabilrohrmatten bedeckt sind. Zum Zimmer hin ist die Decke verputzt. Zum Dachboden hin wurde wie bei den Doppelhäusern 8 cm Mineralwolle aufgebracht. Das gesamte Haus ist von außen im Originalzustand verputzt. Heute sind die Häuser überwiegend verklinkert. Das Dach ist mit Betondachsteinen gedeckt. Die zwei Kamine sind aus Klinker gemauert.




Abbildung 14: Bauplan Erdgeschoss von einem Einzelhaus
Großes Einzelhaus

Zu diesem Haustyp („Kettenhäuser“) habe ich bislang keine detaillierten Informationen. Sie sollen etwa 140 qm Wohnfläche haben.